Erkunden der Heimat per Rad

Den Juni und Juli hat mich das eingeschränkte Wetter nicht so Herumfahren lassen wie noch Anfang Mai. Es machte beinahe den Eindruck als wäre der Sommer Mitte Mai geendet. Immerhin sind mir neben einzelnen Fahrten zur Arbeit auch längere Touren gelungen.

Die erste längere Tour führte mich von Ratingen über meinem neuen Lieblingsweg nach Kettwig. Von dort entlang der Ruhr nach Werden. Schön ist, wie die alte Technik heute integriert als Sehenswürdigkeit weiterlebt. Schön ist auch die neue Verwendung alter Industrie- oder Funktionsgebäude als Wohnraum. Könnte einen neidisch machen. Ein bisschen entwickelt sich der Pott in diesem Bereich wie Yorkshire: verlassene Industrieanlagen aus einer vergangenen Zeit, als Arbeit noch stärker mit Körpereinsatz verbunden war und Industriearchitektur gut zum Anschauen war. Ich kann den heutigen Industriebauten irgendwie nichts abgewinnen, aber vielleicht sagen Generationen nach mir etwas anderes. Bis dahin genieße ich die Bauten der frühen bis mittleren Gründerzeit 😉

Schleuse an einem Zufluss der Ruhr
Wohnen in der Ruhr

Die Tour führte mich von Werden entlang des Baldeneysees mit all seinen Jachten und Booten. Ich wusste, dass mein Weg mich nach Steele führen wird und erwartete quasi minütlich, dass sich die Natur zurückzieht und der städtischen Architektur Platz macht, aber weit gefehlt: die Gegend blieb ursprünglich (zumindest so ursprünglich wie etwas im Pott unberührt sein kann). In den Ruhrauen zeigte nur ein Förderturm, dass die Stadt nahe ist. Eine Erfahrung, die eine Aussage eines Freundes und Arbeitskollegen bestätigte: vermutlich haben wir Kinder des Ruhrgebiets tatsächlich mehr Zugang zu grünen Flächen und Bereichen als es Großstadtkinder in München, Stuttgart oder Hamburg hatten. Es wurden Löcher in den Boden gegraben, Kohle raus geholt und drum herum Wohnungen und Einkaufsmöglichkeiten geschaffen. Dann machte man eine Stadt draus. Bis zum nächsten „Loch“ waren aber nur Felder und Wiesen. Im Süden des Potts kam dazu, dass der Bergbau schon früh verschwand und unterirdisch nach Norden wanderte. Fazit: es gibt und gab auch schon früher große freie grüne Flächen!

Ruhraue mit Förderturm

Die zweite Tour, etwas länger, sollte mich mit der Navigation aus einer selbst erstellten Route vertraut machen. Auch sollte sie länger sein, um die Akkuleistung zu testen. Also war der Plan von Ratingen aus nach Erkrath ins Neandertal zu reisen, von dort weiter Richtung Haan und Hilden um dann in Schloß Garath zu landen.

Schloß Garath

Ein kurzer Besuch bei einem Freund und ich fuhr weiter in den alten Rhein bei Himmelgeist und Urdenbach. Der Weg führte dann nach Benrath.

Alter Rhein

Wenn ich gewusst hätte, was mich im alten Rhein erwartete, hätte ich das große Objektiv und mehr Zeit mitgebracht: Vogelbeobachtung leicht gemacht: ein Paradies. So ging es durch Benrath und ich musste feststellen, wie nah dort Schloß, Kultur und Industrie zusammenkommen. Henkel wurde gestreift, der Weg in die Stadt führte Richtung Hamm und an dem alten Gebäude des heutigen LANUV vorbei. Es war das alte LAWA und eine Außenstelle des Landesumweltamtes als ich noch bei diesem war. Hinter der obersten Fensterreihe war die Kantine.

Landesamt für Wasser und Abfall – Landesumweltamt – Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz – Leerstand

Schließlich und endlich ging es in den mit Schwerlastverkehr ausgefüllten Hafen, zum Rhein, entlang des Ufers und über den Norden Düsseldorfs wieder nach Ratingen. Die Fahrt habe ich bei Komoot aufgezeichnet.

Diese Tour zeigte mir, wie sehr anders die Landschaft hier verglichen mit dem mittleren und nördlichen Ruhrgebiet ist. Eine ehemalige Hochebene, durchzogen von Bächen und Flüssen, die sich Jahrtausende lang in die Tiefe gefressen haben und steile Auf- und Abfahrten hinterließen. Mit Erreichen des Rheins, insbesondere des alten Rheins, hat man dann die Vorstellung wie sehr dieses breite Gewässer das Leben an ihm beeinflusst haben muss: Hochwasser, Sumpf, Insekten, Wildtiere, Fische. Bäuerliche Anwesen aus Ziegel erinnern dagegen an das Münsterland; aber das mag mein persönlicher Eindruck sein.

Rheinufer